Ich bin immer wieder mal unterwegs und stoße in Städten und im Land auf alte jüdische Friedhöfe. Teils sehr gut erhalten, wie der in Goslar, teils bis zur Unkenntlichkeit geschändet und ohne Grabsteine.
Viele der Friedhöfe sind der Öffentlichkeit zugängig, die meisten sind Denkmale oder besonders geschützte Kulturdenkmale.
In meinen Augen lohnt ein Besuch durchaus, doch gibt es die einen oder anderen Unterschiede zu christlichen oder Gemeindefriedhöfen. So sei zum Beispiel von männlichen Besuchern eine Kopfbedeckung zu tragen, Kippa muß nicht, eine Mütze täte es zum Beispiel auch.
Und bitte: Am Sonnabend sollten jüdische Friedhöfe nicht betreten werden. Und im Gegensatz zu unseren christlichen Friedhöfen "verfallen" Grabstätten nicht nach zehn bis 30 Jahren - dies ist im jüdischen Glauben völlig unbekannt und so ruhen die Toten dort "bis in alle Ewigkeit". Und das wiederum erklärt dann auch jene Friedhöfe, die nur aus einer Grasfläche und ein paar Bäumen bestehen, eingesäumt von einer Hecke und mit einem Tor versehen, wie der alte Jüdische Friedhof in Mandelsloh, Region Hannover, Niedersachsen. Auch wenn dort kein Grabstein mehr an die Bestatteten erinnert - er ist dennoch ein Friedhof und sollte mit dem ihm gebührenden Respekt betreten werden.
Auf vielen alten Friedhöfen tragen manche Grabsteine Inschriften in zwei Sprachen: Auf der Vorderseite auf Häbräisch und auf der Rückseite in Deutsch.
Auf so manch einem der Friedhöfe sind zwar Grabsteine aufgestellt, diese tragen aber keine Inschriften mehr. Entweder wurden die Inlet-Tafeln zerstört oder die Inschriften mit Hämmern und Meißeln ausgeschlagen. Diese Schändungen fanden während der Hitler-Diktatur statt. Leider wurden auch in jüngerer Zeit immer wieder jüdische Friedhöfe in unserem Land geschändet, Grabsteine umgeworfen, beschmiert, zerschlagen.
Auf einigen Grabsteinen werden auch heute noch Steine abgelegt; Zumeist sind es Familienangehörige oder Freunde, die diese kleinen Gedenksteine hinterlassen. Aber auch "normale" Besucher legen zumeist an zentralen Stellen kleine Steine ab aus Respekt vor den Menschen. Wer also jüdische Friedhöfe betritt der bekommt daher auch von niemandem ein böses Wort, hinterläßt er einen kleinen Stein zum Zeichen des Gedenkens.
Warum nun diese kleine Serie? Wofür die Mühe? Die Zeit? Die Nerven teils vor Ort?
Ganz einfach: In dieser unerträglichen Zeit, in der Rechtsextremisten und Nazis wieder in unsere Parlamente gewählt werden ist es höchste Eisenbahn, an die durch dieses verquere Gedankentum verursachten Mord- und Greueltaten zu erinnern. Und nichts kann mehr dazu beitragen als genau an diesen alten Ruhestätten zu erkennen, wann ein komplettes religiöses Leben in unserem Land ausgelöscht wurde. Große Gemeinden, viele Menschen - ausgelöscht durch die Gefolgsleute eines irren Österreichers, dem Menschen blind wie eine Horde Schafe blökend hinterherhechelten. Weil sie Angst vor Repressionen hatten, die dessen Schlägerhorden willig umsetzten, weil Menschen schwiegen weil sie um ihr eigenes Leben fürchteten. Wie teilweise auch heute schon wieder passiert.
Vieles in der heutigen Zeit erinnert genau wieder an die Anfänge jener unsäglichen Diktatur.
Wehret dieser Anfänge.
Never forget!