Dieser "alte, fast vergessene Friedhof" ist imho weder eine "schöne location" oder "lädt zum Verweilen ein" - so lesen wir jedenfalls in so manch einer Rezension oder Besprechung zu dieser Ruhestätte.

Dieser Ort läßt einen vielmehr nachdenklich werden. Die meisten Gräber stammen aus der Zeit zwischen 1890 und 1905, zwei jüngere Gräber sind 10 bzw. 24 Jahre alt. Im Gegensatz zu hiesiger Praxis werden auf jüdischen Friedhöfen Graber nicht nach einer bestimmten Zeit eingeebnet - der Grundsatz der ewigen Ruhe verbietet dies.

Und so ist (nicht nur) dieser alte Friedhof erhalten geblieben und zeugt von einer leider untergegangenen Zeit.

Die Grabsteine tragen auf der Vorderseite hebräische Inschriften, auf der Rückseite sind zumeist die Angaben in deutscher Sprache wiederholt.

Die Ruhestätte selbst wirkt nicht wirklich verwahrlost. Aber sie vermittelt den Eindruck, leise verträumt in einer Art Dornröschenschlaf zu versinken, da es keine jüdische Gemeinde mehr gibt, die sich um die Grablagen kümmern könnte. So bleibt sie die meiste Zeit wohl unbeachtet. Was aber dann doch wieder zu einem ganz bestimmten Charme führt.

Eine Tafel am Beginn des Zuweges klärt über die Besonderheiten jüdischer Friedhöfe insgesamt und auch des Jüdischen Friedhofs Neustadt auf. Der eigentliche Eingang der mit einer Mauer gefaßten Anlage liegt etwas weiter vom Weg zurück auf einer kleinen Anhöhe im Wald vor dem Leinebogen.

Einzig der kontinuierliche Lärm der B6 in unmittelbarer Nähe stört bei dem Besuch des kleinen Friedhofes. Nach Betreten des Friedhofes stößt man zunächst auf ein Mahnmal aus dem Jahr 1968, gestiftet von "Junge(n) Menschen dieser Stadt", mit dem an die ermordeten und vertriebenen Juden der Stadt gedacht werden soll. Geschaffen von Schülern und dem Kunstlehrer der damaligen Realschule (H.-P. Zaumbrecher) sollen die drei Bruchstücke des Mahnmales an die drei Religionen erinnern, die sich auf Abraham und seinen Gott beziehen: Judentum, Islam und Christentum. "Haben wir nicht alle einen Vater".

Daß dieser Friedhof auch heute noch besucht wird, davon zeugen eine gute Zahl noch frischer wirkender Erinnerungssteine auf Grabmalen oder dem Mahnmal. Die Eingangspforte stammt aus dem Jahr 1827 und ist mit Inschriften versehen (der linke Pfosten des Einganges trägt die Jahreszahl 5587 des hebräischen Glaubens, in unserer Zeitrechnung entspricht das dem Jahr 1827).